Apéritif-débat : „Quo vadis Polonia? Polen nach den Wahlen“

Am 3. Dezember 2015 fand ein Apéritif-débat zum Thema „Quo vadis Polonia? Polen nach den Wahlen“ im Schloss Genshagen statt. Im Mittelpunkt standen dabei die Fragen nach Ursachen und Folgen des umfassenden politischen Wechsels in unserem Nachbarland Polen. Den Anfang markierte bereits im Mai der völlig unerwartete Sieg von Andrzej Duda, einem jungen und bis dato fast unbekannten Kandidaten der nationalkonservativen Partei „Recht und Gerechtigkeit“ von Jarosław Kaczynski, bei den Präsidentschaftswahlen. Vollendet wurde der Machtwechsel dann mit dem historischen Triumph der PiS-Partei bei den Parlamentswahlen im Oktober.   

Datum

3. Dezember 2015, 00:00 - 3. Dezember 2015, 00:00

Am 3. Dezember 2015 fand ein Apéritif-débat zum Thema „Quo vadis Polonia? Polen nach den Wahlen“ im Schloss Genshagen statt. Im Mittelpunkt standen dabei die Fragen nach Ursachen und Folgen des umfassenden politischen Wechsels in unserem Nachbarland Polen. Den Anfang markierte bereits im Mai der völlig unerwartete Sieg von Andrzej Duda, einem jungen und bis dato fast unbekannten Kandidaten der nationalkonservativen Partei „Recht und Gerechtigkeit“ von Jarosław Kaczynski, bei den Präsidentschaftswahlen. Vollendet wurde der Machtwechsel dann mit dem historischen Triumph der PiS-Partei bei den Parlamentswahlen im Oktober. 

Den Auftakt zu einer lebhaften und spannungsgeladenen Debatte mit knapp 40 Gästen aus Politik, Wissenschaft und Zivilgesellschaft machte der renommierte Soziologe Radosław Markowski, Direktor des Zentrums für Demokratiestudien und Professor an der University of Social Sciences and Humanities in Warschau. Er unterstrich die Schlüsselrolle des ehemaligen polnischen Präsidenten Komorowski, der in Erwartung eines sicher geglaubten Sieges einen völlig leidenschafts- und ideenlosen Wahlkampf geführt habe und so grob fahrlässig seine Wiederwahl verspielt habe. Seine Niederlage habe die politische Dynamik in Polen verändert und habe entscheidend zum historischen Wahlsieg der PiS bei den Parlamentswahlen beigetragen. Die PiS könne zwar jetzt erstmals alleine regieren, sie habe aber de facto nur ca. 5,7 Mio. Stimmen auf sich vereinigen können. Dies entspräche letztlich nur rund 19% aller wahlbereichtigten Bürger. Trotzdem zeigen die ersten Wochen nach der Wahl, dass die PiS einen umfassenden autoritären Umbau der polnischen Demokratie anstrebe. Der bekannte französische Journalist und meinungsstarke Kommentator des Radiosenders France Inter, Bernard Guetta, bezeichnete den Machtwechsel in Polen als ein Warnsignal für ganz Europa und zog Parallelen zu den Entwicklungen in Frankreich, wo sich mit der Front National ebenfalls eine rechte Partei auf dem Weg zur Macht befände, dabei nationale und soziale Ansätze verbinde und hinter ihrer bürgerlichen Fassade eine reaktionäre Bedrohung für die liberale Demokratie in Europa darstelle. Stephen Bastos, Projektleiter der Stiftung Genshagen, unterstrich die steigende Gefahr der autoritären Versuchung liberaler Demokratien und unterzog gleichzeitig den deutsch-polnischen Dialog der letzten Jahre einer kritischen Analyse. Der Machtwechsel in Warschau zwinge dazu den Dialog auf eine neue Grundlage zu stellen und auf der Basis gegenseitigen Respekts strittige Fragen genauso kontrovers wie verantwortungsbewusst zu debattieren. Differenzen gelte es offen, konstruktiv und ohne moralische Überheblichkeit anzugehen.

Förderer: Auswärtiges Amt

Ansprechpartner: <link record:tt_news:346 internal-link>Stephen Bastos