Der etwas andere Dialog: „Epoche des Gedenkens: zum Umgang mit Erinnerungskultur in der Einwanderungsgesellschaft“
- Forum Kulturelle Bildung
Datum
8. Oktober 2015, 00:00 - 8. Oktober 2015, 00:002014 und 2015 sind wichtige Gedenkjahre, in denen wir uns an prägende historische Ereignisse erinnern, nicht zuletzt an 100 Jahre Beginn des Ersten sowie 70 Jahre Ende des Zweiten Weltkrieges, 25 Jahre Mauerfall und Deutsche Einheit oder 100 Jahre Völkermord an den Armeniern. Trotz Globalisierung der Erinnerung ist die Erinnerungspolitik stets auch national geprägt und bemüht, kollektive Zugehörigkeitsgefühle zu stärken. Doch in einer pluralen Gesellschaft ist dies zunehmend schwierig.
Die Stiftung Genshagen und der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V. veranstalteten am 8. Oktober 2015 eine Diskussion im Schloss Genshagen zum Thema „Epoche des Gedenkens: zur Erinnerungskultur in der Einwanderungsgesellschaft“. Im Zentrum der Diskussion stand die Frage, wie sich nationale Identitäten konstituieren und welchen Platz dabei der Migrations- und Einwanderungsgeschichte in der Erinnerungskultur eingeräumt wird.
Beide Veranstalter luden Gesprächspartner und -Partnerinnen aus unterschiedlichen Disziplinen und Kontexten dazu ein, das Thema aus verschiedenen Blickwinkeln zu diskutieren. Auf die Debatte ließen sich der deutsch-türkisch-armenischer Komponist Marc Sinan, die Integrationsdezernentin der Stadt Frankfurt am Main Dr. Nargess Eskandari-Grünberg, der Vorstandsmitglied des Netzwerks Migration in Europa e. V. Rainer Ohliger, der Leiter der internationalen Jugendbegegnungsstätte Albert Schweitzer an der deutsch-französischen Grenze Bernard Klein sowie der Historiker Prof. Dr. Etienne François ein.
Sie diskutierten unter anderem darüber, wie sich die Bedeutung identitätsstiftender historischer Ereignisse der Gesamtbevölkerung vermitteln lässt. Sie stimmten darin überein, dass abseits der offiziell vermittelten Erinnerung auch andere Narrative dringend zugelassen und anerkannt werden müssen und dass Einwanderungsgeschichte zur deutschen Geschichte gehört. Die Gefahr einer Verwässerung der nationalen Erinnerungskultur sahen die meisten der Diskutanten hierbei nicht, da es keine „Essenz“ von Erinnerungskultur gebe, sondern es in ihrem Wesen liege, von den Mitgliedern einer Gesellschaft kontinuierlich neu ausgehandelt zu werden. Es wurde auch dafür plädiert, nach Berührungspunkten zwischen verschiedenen konkurrierenden Erinnerungskulturen zu suchen, um auf diese Weise in einen Dialog zu treten. Letztlich bedürfe es jedoch einer gemeinsamen gesellschaftlichen Zukunftsvision, eines geteilten Projekts, in welchem eine Synthese der unterschiedlichen Erinnerungskulturen erfolgen kann.
Die Berliner Musik-Gruppe „La Caravane du Maghreb“ ließ den Abend mit einem mitreißenden Konzert ausklingen. Gespielt wurden Adaptionen von Heimatliedern aus der Gnawa-Musik oder aus dem arabisch-andalusischen Repertoire, die nach Deutschland „eingewandert“ sind.
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