Genshagener Noten 6/2016

Die Beiträge der Genshagener Note Nr. 6 beziehen sich auf die Veranstaltung „Epoche des Gedenkens: zum Umgang mit Erinnerungskultur in der Einwanderungsgesellschaft“, die am 8. Oktober 2015 im Schloss Genshagen stattfand und in Zusammenarbeit mit dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V. realisiert wurde.

Diese Abendveranstaltung stellte den Auftakt zur neuen Veranstaltungsreihe der Stiftung Genshagen „Der etwas andere Dialog“ dar, bei der ein- bis zweimal jährlich ein breites politisch wie kulturell interessiertes Publikum zu einer künstlerischen Darbietung und einer interdisziplinären Diskussion über ein gesellschaftsrelevantes und aktuelles Thema in die Stiftung Genshagen eingeladen wird. Gesprächspartner und –partnerinnen aus unterschiedlichen Bereichen debattieren an diesem Abend aus verschiedenen Perspektiven über eine Fragestellung – dabei ist stets eine künstlerische Position vertreten.

Die Häufung historisch bedeutender Ereignisse in 2014 und 2015 (100 Jahre Beginn des Ersten Weltkrieges, 25 Jahre Mauerfall, 100 Jahre Völkermord an den Armeniern usw.) bot eine spannende Gelegenheit, um sich im Rahmen des ersten Etwas anderen Dialogs mit dem Umgang mit Erinnerungskultur in der Einwanderungsgesellschaft zu befassen.

Für die Genshagener Note Nr. 6 haben wir die Gesprächspartner und –partnerinnen der Diskussion aus den Bereichen der Kunst, der Wissenschaft, der Jugendarbeit und der Politik darum gebeten, ihre Gedanken zu diesem Thema zu schriftlichen.

Etienne François, französischer Historiker, emeritierter Professor der Technischen Universität und der Freien Universität Berlin, leitet in seinem Beitrag in diese Genshagener Note und in die Problematik des „kulturellen Gedächtnisses“ ein. Eine ganz besonders umstrittene Erinnerung – die an den Genozid an den Armeniern – steht im Mittelpunkt des sehr persönlichen und politischen Textes des Komponisten und Musikers Marc Sinan. Der Migrationsforscher Rainer Ohliger geht der Frage nach, welchen Platz die Migration und die Geschichte der Migrantinnen und Migranten in der Identität der deutschen und französischen Gesellschaft haben. Ausgehend von seinen Erfahrungen  aus der Praxis, schildert Bernard Klein, der französische Leiter der deutsch-französischen Begegnungsstätte des Volksbunds Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V. in Niederbronn-les-Bains,  die Selbstdarstellung mancher Jugendlichen mit sogenanntem Migrationshintergrund als „viktimäre Gegengeschichte“. Dr. Nargess Eskandari-Grünberg, Stadträtin und Dezernentin für Integration in Frankfurt am Main, analysiert den von Macht geprägten Prozess, in dem wir als Gesellschaft darüber verhandeln, welche Erinnerung zu „uns“ und unserer Gemeinschaft gehört.

Neben diesen Beiträgen wird auch die Berliner Gruppe „La Caravane du Maghreb“ in der Note vorgestellt, die sich beim Etwas anderen Dialog musikalisch mit dem Thema befasste.